Dabei sollte doch alles anders werden in 2011. Die dramatischen Zuschauerrückgänge in den Vorjahren verlangten nach neuen Konzepten und einer dramatischen Verjüngungskur. Hipper sollte die Gala werden, damit die zig Millionen Zuschauer, auf die es die Werbekunden abgesehen haben, nicht weiter vor sich hin vergreisen und irgendwann die unfassbar hohen Werbepreise (bis zu 1,5 Millionen Dollar pro Spot) mit in den Abwärtsstrudel reißen. Auch die breit gestreute Berichterstattung über die neuen Kanäle, sprich Social Media (Twitter, Facebook, Blogs), sollte neue Fans ansprechen. Und so kam es auch. Über keine Preisverleihung sind mehr Blogeinträge zu finden, als über die 83te Oscarverleihung. Noch nie wurde über eine Verleihung so viel getwittert, wie über die Oscars. Sogar der junge Gastgeber, übrigens der erste mit einem akademischem Grad (PhD) in der Geschichte der Verleihung, der Hollywood-Schauspieler James Franco, twitterte live hinter der Bühne.
Großer Gewinner des Abends war das Historiendrama „The King´s Speech“ pizzakurier bern , zum einen, weil es Dramen bei den Oscars immer leichter haben und zum anderen, weil die Konkurrenz im letzten Jahr viel zu schwach war. The King´s Speech ist ein guter Film. Keine Frage. Aber der beste Film des Jahres 2010? Nein, bei weitem nicht. Drei weitere Preise in den Nebenkategorien holten sich die Filme „The Social Network“ und (der viel bessere Film) „Inception“ ab. Die besten Songs wurden in diesem Jahr wieder einmal live gesungen und am Ende ging aus diesen mit dem tollen Song von Randy Newman für seinen Toy Story 3 Schon-jetzt-Klassiker ein verdienter Sieger hervor. Der mittleweile 67jährige Komponist aus New Orleans war es auch, der den unsichtbaren Subtitel der Verleihung auf den Punkt brachte: Oldie but goldie. Da bedurfte es eines 80er Jahre Stars (Billy Crystal), um die ersten Lacher beim Publikum zu evozieren oder des 94jährigen Hollywood-Haudegen Kirk Douglas, der kaum gehen geschweige denn zu verstehen war, um etwas Schwung in die müde Veranstaltung zu bringen.
James Franco, der bei seiner Nominierung als bester Darsteller („127 Hours“) leer ausgegangen war, hatte spätestens mit der Holo-Einblendung des längst verstorbenen 16maligen Oscar-Gastgebers Bob Hope abgeschaltet. Er schaute wenig später nur noch seiner Ko-Moderatorin verschmitzt über die Schulter, twitterte lieber hinter der Bühne und antwortete auf den sehr populären Live-Tweet des bekannten Chicagoer Kritikers Roger Ebert, der die Show mit den Worten „The worst Oscars I´ve seen“ abqualifizierte: „That´s no more my Show“. Neben der sehr unprofessionellen deutschen Moderation des „Pro7-Filmexperten“ Steven Gätjen am roten Teppich im kühlen aber sonnigen Los Angeles, der sich zahlreiche peinliche Ausrutscher erlaubte, war dies neben einigen fragwürdigen Entscheidungen der Academy (Bester nichtenglischsprachiger Film an Susanne Biers „In einer besseren Welt“) nicht die letzten „Unprofessionaliät“ in dieser doch sonst so professionellen Veranstaltung. Fazit: The King won, the Show not. Weitere Live-Eindrücke der Verleihung im Live-Oscar-Tweet von mehrfilm.de.