Jede Woche Mittwoch werden in der nadann… Wochenschau für Münster Filmempfehlungen veröffentlicht. Auch meine Texte sind dort jede Woche zu lesen. Eine Tätigkeit, die ich bereits seit über 20 Jahren ausübe. Wir von der nadann… sind ein tolles Team. Im Jahr 2019 ist das nadann… Filmteam auf fünf Redakteure angewachsen. Auch, um der Flut an neuen Filmen in den Lichtspielhäusern gerecht zu werden und jeden Film auch wirklich sehen zu können über den wir schreiben. Über 400 Filmbesprechungen kamen so in 2019 zusammen.
Meine persönlichen Sichtungen und Kinobesuche hielten sich im Vergleich zu den Vorjahren im 2019er Jahrgang in Grenzen. Auch wegen anderer Projekte. Die Kinobesuche summierten sich in diesem Jahr auf knapp 150. Dazu kommen ein paar Sichtungen in den eigenen vier Wänden. Es ist eine Leidenschaft, die auch Leiden schafft. Das Kapitel 2019 wird morgen geschlossen. Und wie in jedem Jahr wird auch in diesem Jahr kurz zurückgeblickt und abgerechnet. Was war gut? Was war weniger gut? Der Redakteur bedient sich dazu gerne einer Bestenliste, die im Schlussakkord auch dieses Jahres ebenso wenig fehlen darf wie die langen Sichtungsabende mit den ausgelassenen Empfehlungen von Freunden und Kollegen.
Das sagen die anderen
Auch mit „nur“ etwa 150 Sichtungen kann ich sagen, dass das Filmjahr 2019 eines der schlechteren war. Da konnte selbst die (durchschnittliche) Episode IX der Star Wars Saga am Ende des Jahres das Ruder nicht mehr herumreißen. Mit „Joker“ von Todd Phillips gab es ein Glanzlicht, das zahlreiche Preise abräumte und etliche (Einspiel-)Rekorde brach aber von einigen Kritikern als „bestenfalls durchschnittlich“ herabgestuft wurde. Der europäische Filmpreis ging (mehrfach) an Yórgos Lánthimos Königinnen-Persiflage „The Favourite“. Die Jury der Berlinale vergibt den Goldenen Bären an Nadav Lapids „Synonymes“, den viele Kritiker*innen für den besten Film des Jahres halten. In eben diesen Bestenlisten tauchen sehr unterschiedliche Filmtitel auf. Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“ ist darin genauso oft vertreten wie „High Life“ von Claire Denis oder auch „Systemsprenger“ von Nora Fingscheidt. Wie gesagt, viel Gutes, wenig Herausragendes.
Meine Topten 2019
Bei einem fünfköpfigen Redaktionsteam mit unterschiedlichen Interessen bleibt der ein oder andere Film für mich schonmal auf der Strecke. Einen Festivalbesuch gab es in diesem Jahr auch nicht. Filme wie „Systemsprenger“, „Toy Story 4“ oder „Us“ sind mir schlichtweg „durchgerutscht“. Bleibt zu hoffen, dass ich im nächsten Jahr das richtige Händchen habe und die richtige Wahl treffe. In diesem Jahr möchte ich zunächst auf folgende Filme hinweisen, die mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind:
1. Parasite (Joon-ho Bong)
Von ganz unten nach ganz oben: Wie Familie Kim nach und nach das Ruder im Hause der reichen Familie Park übernimmt. Eine bitterböse und zugleich sehr unterhaltsame Gesellschaftssatire aus Südkorea von einem der beste Regisseure Asiens („The Host“, „Snowpiercer“). Zum Ende hin zwar etwas zu blutrünstig aber stets mit einem gesunden Schuss Galgenhumor.
2. Marriage Story (Noah Baumbach)
Scarlett Johansson und Adam Driver als Künstlerpaar mit Eheproblemen. Sie aus Kalifornien, er ein überzeugter „New Yorker“. Beide lieben das Schauspiel. Ihre jeweiligen Hüllen tun dies auch. Johansson und Driver at its best. Seit „Kramer gegen Kramer“ ist kein Scheidungsdrama mehr so sehr unter die Haut gegangen.
3. Joker (Todd Phillips)
Die Vorgeschichte des fiesesten Bösewichtes aller DC-Comics. Im Vergleich neben Joker-Performern wie Jack Nicholson oder Heath Ledger zu bestehen erfordert Mut und Können. Joaquin Phoenix bringt beides mit. Und verkörpert „seinen Joker“ kongenial. Inklusive Szenen für die Ewigkeit.
4. Porträt einer jungen Frau in Flammen (Céline Sciamma)
Junge Malerin trifft auf unwilliges Model. Noémi Merlant trifft auf Adele Haenel. Auf einer abgelegenen Insel in der Bretagne Ende des 18. Jahrhunderts. Die zurückgezogenen Inszenierung muss man mögen. Ich mochte sie sehr.
Bewegende Ménage à trois aus Südkorea. Basierend auf einer Kurzgeschichte von Murakami. Ein Mix aus Gesellschaftskritik, Liebesdrama und Krimi. Mehr dazu in meiner Kurzkritik.
6. Die Sehnsucht der Schwestern Gusmáo (Karim Ainouz)
Zwei ungleiche Schwestern, ihr strenger Vater und ihre unfreiwillige Trennung im Rio des Janeiro der 1950er Jahre. Großartig bebildert und inszeniert von Karim Ainouz.
7. Birds of Passage (Cristina Gallego
, Ciro Guerra)Das Prequel zu allen Drogenfilmen und -TV-Serien der Neuzeit, die Anfänge des Drogenhandels, ein bewegendes Familiendrama aus Kolumbien.
8. Mein Ende. Dein Anfang (Mariko Minoguchi)
Fulminantes Debüt aus Deutschland. Ein junges Paar im Strudel zwischen Liebe, Schicksal, Vorhersehung und Tod.
9. The Favourite – Intrigen und Irrsinn (Yórgos Lánthimos)
Der unterhaltsame Kampf um die Gunst Königin Annes (Olivia Coleman) am englischen Königshof zu Beginn des 18. Jahrhunderts.
10. Unsere große kleine Farm (John Chester)
Der Aufbau bzw. die Renaturierung einer abgewirtschafteten Farm vor den Toren L. A.s als Lebensprojekt des Ehepaares Chester. Eine unterhaltsame Dokumentation.
Einen Link zum Text der besten Filme des Jahres 2018 findest Du –> hier.