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Massenkompatibilität in Glücksmomenten

CD-Cover von Clueso Esparanza Spalding Antony and the Johnson
CD-Cover von Clueso, Esparanza Spalding, Antony and the Johnson
Kennst Du diesen Moment? Es ist ein guter Moment. Ein Glücksmoment. Ein entschleunigter Moment in dieser Zeit, in der die Welt mit Bildern des Untergangs geflutet wird. Vielleicht war es eine Anerkennung, unerwarteter Erfolg, eine Einsicht, Sonnenstrahlen, die Ruhe nach dem Sturm, nach dem Sex oder einfach nur Zufriedenheit? Und Du suchst nach dem passenden Katalysator für dieses Gefühl. Vielleicht ein Platz, eine Tätigkeit, ein Buch, ein Film, eine Fernsehsendung, ein Konzert oder vielleicht einfach nur gute Musik? Musik sei die beste Medizin heißt es. „Es sollte immer Musik da sein, bei allem was man tut“ empfiehlt eine Freundin. Nur was hört man in diesen Momenten der Zufriedenheit. Man? Ja, wer ist überhaupt man? Was „man“ hört, liest oder sieht gehört doch im Zeitalter von StudiVZ, Facebook, Xing und Co. längst ins Archiv, oder? Heute ist jeder sein eigener Künstler. Sein eigener Selbstdarsteller, ja, sein eigenes Ich. Und das ist auch gut so! Vor allem aber ist es spannender.

Wer nicht weiter weiß, der fragt oder sucht nach. Im Internet, in den zahlreichen Blogs zum Thema, in den Kommentaren oder am besten bei Freunden. Freunde teilen vieles, ein Hobby, eine Leidenschaft, Erfahrung, warum nicht auch den gleichen Musikgeschmack? Zwar kann Dir den heutzutage auch der Versandhändler diktieren, aber Freunde sollten dich besser kennen. „Ich habe mir da gerade diese neue Scheibe geladen, von der aus den Charts„, riet mir ein Freund. „Die hören zwar gerade alle, aber egal. Richtig gut„, teilte er mir vor Tagen mit. Seine Worte „die hören gerade alle“ hatten mich stutzig gemacht. Ist Musik, die massenkompatibel ist, nicht gleich weniger ehrlich? Austauschbar? Massenkompatibilität bedeutet doch auch Gleichförmigkeit. Und Gleichförmigkeit führt zu Langeweile. Also in die falsche Richtung. Ein anderer Freund wollte von mir wissen, was ich denn gerade so höre. Eigentlich alles, antwortete ich ihm. Nur ehrlich muss sie sein. Keinesfalls sollte es die Musik von einem Kunstprodukt a lá Bieber, Meyer-Landrut und Co. sein. Eben „handmade“. Mehr Espanza Spalding als Adele, mehr Antony and the Johnsons als die Hurts und vor allem mehr Bruno Walter als Bruno Mars.

In guten Momenten höre ich Live-Konzerte“ gab mir ein befreundeter Musiker mit auf den Weg. „Und Du warst doch letztzens auf diesem Konzert?“ Bei meiner Recherche kam ich über Umwege zu einem massenkompatiblen Künstler mit mehr oder weniger frischem Live-Album. Leider gehört besagter Künstler auch in die Schublade „massenkompatibel“, auch weil er sich mit bis zu 4,5 Millionen Video-Abrufen seiner Songs brüsten könnte. Egal. Gesagt, überlegt, getan. Warum nicht mal im Sinne Aristoteles handeln und mit seiner Idee der Peripetie das Gegenteil von dem tun, was man (von sich) erwartet? „Man“ ist längst out, die Massenkompatibilität im Musikbusiness im Post-Zeitalter nach Lady Gaga bestimmt bald auch. Ehrlichkeit ist wieder gefragt, Selbstbewusstsein, eben das neue „Ich“ im Zeitalter von Facebook und Co.. Gut, dass es abseits des Online-Versandhändlers noch Freunde mit eigenem, ehrlichen Geschmack gibt. Und gut, dass man diesen heute blitzschnell (mit)teilen kann.